Ein Lächeln für Eia

Es brannte höllisch. Ich versuchte, keinen Laut von mir zu geben und wackelte als Kompensation mit meinen Zehen, auf die ich mich zu konzentrieren versuchte, um dem schmerzhaften Pieks zu entgehen. „Ich weiss – das ist särr unangenähm“, sagte Frau Schwestkova, die Ärztin. Es klang nicht nach Mitgefühl, dafür wirkte sie zu unterkühlt, aber dennoch entspannte ich mich. Sie desinfizierte die Stelle oberhalb meines Schlüsselbeins mit eleganten Bewegungen, die mich an eine Tänzerin erinnerten und als sie das kleine Geschwulst mit einem geübten Schnitt entfernte, spürte ich gar nichts.

„Wenn ich schon mal da bin…“, begann ich zaghaft, zögerte und gab mir dann einen Schubs. „Kann man etwas gegen diese unschönen Lippenfalten machen? Sie beginnen mich zu stören.“ Ich lachte, um zu zeigen, dass ich die Sache nicht allzu ernst nahm, denn die Frage war mir peinlich. Ich wollte nicht allzu eitel erscheinen, obwohl doch gerade das der beste Beweis dafür ist. Doch siehe da, die Augen von Frau Doktor betrachteten mich mit neuem Interesse, ja, leuchteten sie nicht gar ein bisschen?

„Da gibt äs Möglichkeitän, aber ja doch. Man kann die Haut mit däm Laser glätten, abär dabei wird die Oberlippe vielleicht etwas dünner. Die schönsten Ergäbnisse erzielt man mit Botox“, – hier war es, das böse Wort! – man kann dann mit Hyaluron nachspritzen. Tut wäh aber sieht wirklich wundärrschön aus!“. Wohlwollend fuhr sie in ihren Ausführungen fort. Dabei blieb ihr eigenes schönes Gesicht auffallend ruhig und gefasst, obwohl aus ihren Augen nun Blitze sprühten. „Man will natürlich keine Donald Duck Lippä, abär man kann das säärr gut rägulieren. Ein bisschän märrkt man äs natürrlich schon – man kann nicht märr so gut gut mit einäm Strohhalm trinkän.
Eigäntlich gar nicht märr“, präzisierte sie nach einem Moment.
Mir schwante, dass sie nicht bloss aus beruflichem Interesse sprach und allmählich wurde mir klar, warum sie selber so selten lächelte.

„Ich werd’s mir überlegen“, sagte ich, doch mein Entschluss war gefasst. Nicht dass mein Leben an einem Strohhalm hing, aber mein Lächeln ist eins der wenigen Dinge, auf die ich stolz bin.
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„Nu lach doch mal, Kindchen“, pflegte meine Tante Eia zu sagen, „siehste gleich viel hübscher aus!“ Meist brauchte sie gar nichts zu sagen, es genügte schon, wenn sie mich mit diesem strengen Blick anschaute, eine Augenbraue leicht hochgezogen, was ihr ein aristokratisches Aussehen verlieh.
Tante Eia war in meinen Augen steinalt, eine richtige Dame, unverheiratet und sehr stolz darauf. Niemandem wäre es in den Sinn gekommen, sie nicht mit dem damals noch gebräuchlichen Fräulein anzusprechen. Eine wahrhaft jungfräuliche Aura umgab sie, so jungfräulich, dass sie im Ehebett meiner Eltern zu schlafen pflegte, wenn sie bei uns zu Besuch war.
Zu Besuch kam sie regelmässig, vermutlich, um meiner Mutter, ihrer um einiges jüngeren Schwester, unter die Arme zu greifen.
Wir freuten uns immer zweimal. Zuerst, wenn sie kam, unbändig, aber auch, wenn sie wieder ging, erleichtert. Eine Weile noch hing dann ihr Duft in unserer Wohnung. Der Duft nach Kampfer von ihrem Wicks Inhalierstift , den sie sich regelmässig erst ans linke, dann ans rechte Nasenloch hielt, um kräftig daran zu schnupfen und auch der Duft ihr süsslich pudrigen Parfüms, denn sie war von Beruf Avon Beraterin und führte immer allerhand Schönheitsmittelchen mit sich, was mich zutiefst beeindruckte.

Leider führte sich immer auch belehrende Reden und man fühlte sich unweigerlich unzulänglich neben Tante Eia. „Lange Fädchen, faule Mädchen“, bemerkte sie zum Beispiel spöttisch, wenn ich den Faden zu lang abschnitt. Bei Tante Eia lernte ich sticken, stricken und häkeln, lauter Fertigkeiten, die meiner Mutter, die ein Wildfang gewesen war, abgingen. Tante Eia hatte klare Vorstellungen, wie sich eine zukünftige Dame zu benehmen hatte und sie versuchte nach Kräften, die Unterlassungssünden meiner Mutter auszubügeln und mir zumindest die rudimentärsten Benimmregeln beizubringen.

Wie war sie wohl zu ihrem Spitznamen Eia gekommen? Ich habe es versäumt, meine Mutter zu fragen, bevor sie in die Vergangenheit abdriftete und mich immer öfters mit ihrer jüngeren Schwester Annie verwechselte. Sie beide waren die Nesthäkchen der Familie gewesen, verwöhnt von den älteren Geschwistern und unbehelligt von der Mutter, die froh war, die häuslichen Pflichten abgeben zu können und die zwei Kleinen dafür ab und zu mit ins Kino schleppte, dem fortan ihre Leidenschaft gehörte.

Tante Eia hiess eigentlich Maria und war die Älteste gewesen, der die Erziehung der beiden Jüngsten oblag. Lange hatte sie davon geträumt, ins Kloster zu gehen, doch es war immer wieder etwas dazwischen gekommen, zuletzt der zweite Weltkrieg. Einmal war die Gestapo gekommen und hatte sie mitgenommen, ausgerechnet sie, die sich nie für Politik interessiert hatte und sich von Natur aus völlig unauffällig verhielt. Drei Tage hatte niemand gewusst, wo sie war und als sie wieder gekommen war, hatte sie kein Wort darüber verloren, was in diesen drei Tagen geschehen war, so erzählte meine Mutter mit unheilvoller Stimme.

Ich war froh, dass ich erst nach dem Krieg geboren worden war, froh, dass meine Mutter und Tante Eia ihn überlebt hatten, trotz der vielen Bomben, die es auf ihr Haus geregnet hatte, und ich war mit neun Jahren fest entschlossen, auch eine Dame zu werden, so wie meine Tante Eia, obwohl ich mir ein anderes Parfüm wünschte.

Fürs erste lächelte ich also, weil mich das offenbar hübscher machte, was dringend nötig war, und an diesen Grundsatz hielt ich mich während der nächsten Jahre, selbst dann, wenn mir nicht ums Lächeln war. Es öffnete mir so manche Tür, dieses Lächeln, und nicht selten half es mir auch , dunkle Stunden zu überstehen, denn es ist erwiesen, dass sich der physische Akt des Lächelns auch auf die psychische Befindlichkeit auswirkt und man sich besser fühlt, wenn man lächelt. Selbst dann, wenn einem nicht danach ist.

Was mag aus Tante Eia geworden sein? Eines Tages hörten ihre Besuche auf und weil ich gerade mitten in meinen Teenager Jahren und sehr mit mir selber beschäftigt war, insistierte ich nicht, wenn mir meine Mutter auf meine Fragen ausweichend antwortete. Es war zu einem Streit gekommen, meine Mutter hatte sämtliche Kontakte zu ihrer Familie abgebrochen, sogar zu ihrer jüngeren Schwester, die ganz in der Nähe, irgendwo in Zürich lebte und viel später erfuhr ich, dass Tante Eia gestorben war, an Krebs.

Das war einer der Momente, in denen ich nicht lächelte, und ich fragte mich, wie wohl ihre letzten Lebensjahre ausgesehen haben mochten. War sie einsam gewesen? Sie hatte keine eigene Familie gehabt; was, wenn sie ganz alleine hatte sterben müssen? Und was würde sie sagen, wenn sie mich heute sehen könnte? Wäre sie enttäuscht, weil aus mir keine Dame geworden ist? Oder aber würde sie sich darüber freuen, dass ich in eine ganz andere Zeit hinein geboren wurde als sie selber und dass ich ein Leben führen kann, das mich glücklich macht?

Denn ja, ich bin glücklich und weil ich glücklich bin, fällt mir das Lächeln, das mir Tante Eia einst verordnet hat und das so zu ihrem eigentlichen Vermächtnis geworden ist, leicht und so soll es auch bleiben.

Zum Teufel mit den paar Lippenfalten!

© Renate Sturzenegger

Richtungswechsel

„Ich bin aber schon über fünfzig“, gibt sie flapsig zurück, und ändert mit der nächsten Drehung die Richtung. Sie kann das Lachen nicht unterdrücken. Es steigt in ihrem Körper hoch, überflutet ihr ganzes Ich und schlägt irgendwo über ihrem Kopf zusammen. Ausgelassen tanzt sie zu den Klängen der Musik. Ab und zu sieht sie den Mann, der versucht hat, mit ihr ins Gespräch zu kommen. „Das ist eine ü40 Party, was machst du hier?“, hat er sie gefragt, im offensichtlichen Bemühen, charmant zu sein. Er sieht nicht übel aus; gross, lächelnde, Augen, imposante graue Mähne, und er bewegt sich ganz selbstverständlich. Ein guter Tänzer, das sieht man auf den ersten Blick. Doch sie mag sich nicht festlegen. Sie will frei sein. Erst kurze Zeit ist sie hier und der ganze Abend liegt noch vor ihr, ja, mehr noch, ihr scheint, ihr ganzes Leben.
Obwohl sie schon über fünfzig ist.

Als der DJ I can’t get no satisfaction von den Rolling Stones auflegt und die anderen Tänzer begeistert mitzusingen beginnen, vergisst sie alles um sich herum. Ihr ist egal, wie sie aussieht, ob sie die richtigen Bewegungen macht, was andere über sie denken; sie ist ganz Rhythmus. Das letzte Mal hat sie vor mehr als drei Jahrzehnten zu diesem Song getanzt. Damals waren ihr die anderen nicht egal. „Es hat auch sein Gutes, nicht mehr jung zu sein“, denkt sie und wieder flutet sie das überschäumende Glücksgefühl wie eine gewaltige Welle. Sie ist Welle und Strand zugleich, eins mit dem Universum, am richtigen Ort, zur richtigen Zeit, im richtigen Körper. Die Welle spült alles fort. Die letzten Jahre, die Zweifel, die Ängste, den Schmerz, die Anstrengung, die es sie gekostet hat, ihrem Leben eine neue Richtung zu geben.

Nicht alle haben es verstanden, am wenigsten ihr Mann. „Was willst du denn noch?“, hat er gefragt, „du hast ein schönes Haus mit Garten, ein eigenes Auto und keine Sorgen.

I can’t get no satisfaction
‚Cause I try and I try and I try and I try

Sie hat es versucht und sie bereut nichts. Auch wenn sie das, wonach sie sich seit Jahren sehnt, das, was sie nicht definieren kann, obwohl sie weiss, dass sie ohne nicht glücklich sein kann, noch nicht gefunden hat, so scheint es zumindest in erreichbare Nähe gerückt zu sein. Sie ist wieder an dem Punkt angelangt, wo sie mit zwanzig war, als sie bereit war, durch die Tür zu gehen, in die Welt hinaus, ungewiss, was da draussen auf sie wartet, aber der festen Überzeugung, es müsse etwas Grossartiges sein.

Pah – das ganze Gerede vom Schicksal; wie schnell das Leben in anderen Bahnen verlaufen könne, bloss aufgrund zufälliger, unbedeutender Begebenheiten. Nicht mit ihr, nie mehr. In Zukunft wird sie bestimmen, wo es langgeht.

Einige Male noch macht der Grauhaarige einen Vorstoss und einmal setzt er sich gar zu ihr an den Tisch. Doch sie lässt sich auf nichts ein, sie ist noch nicht bereit. Als er ihr, bevor er geht, seine e-Mail Adresse geben möchte, winkt sie ab und lässt durchblicken, dass sie mit grosser Wahrscheinlichkeit nicht zurückschreiben würde. Nicht festlegen, keine Verpflichtungen eingehen. Sie bestimmt, wohin der Weg führt, kein anderer, und sei er noch so ein guter Tänzer.

Ein wenig später, sie hat noch zu einem letzten Song getanzt, holt sie ihre Jacke, zieht sich die Mütze über die zerzausten Haare und tritt in die kalte Luft hinaus. Noch wärmt sie das innere Feuer, doch es hat zu schneien begonnen und als sie bei der Sihlpost angekommen ist, von wo die Nummer drei direkt zum Klusplatz fährt, ist ihr kalt geworden. Fröstelnd steht sie an der Haltestelle und ihre Gedanken streifen kurz das, was möglich gewesen wäre, wovon sie sich aber bewusst abgewendet hat.

Kürzlich hat sie gelesen, man solle nie vorschnell urteilen, jedem eine Chance geben. Was, wenn das, wonach sie sich sehnt, an ihre Tür geklopft und sie dieselbe nicht geöffnet hat? Nicht einmal einen Spalt breit? Sie legt den Kopf in den Nacken und schaut nach oben, von wo ohne Ende immer neue Schneeflocken auftauchen, immer schneller und schneller, Funken gleich, und sie glauben machen, sie fahre direkt in diesen verheissungsvollen Nachthimmel hinein. „Nein, unmöglich“, denkt sie, „da muss sich das Schicksal schon mehr anstrengen.“

Als der Bus Nummer 31 vor ihr hält, steigt sie kurz entschlossen ein. Statt hier noch weitere Minuten zu frieren, nimmt sie ein zusätzliches Mal Umsteigen in Kauf und überhaupt: Ist es nicht gut, hin und wieder die Routine zu durchbrechen, einen anderen Weg als den geplanten einzuschlagen?

Der Bus ist voll, die Scheiben sind beschlagen. Aus dem Augenwinkel ortet sie einen freien Sitz und setzt sich schnell, bevor ein anderer es tut. Als sie den Kopf leicht dreht, um ihren Mitfahrer zu betrachten, auch er in Winterjacke und Mütze, traut sie ihren Augen nicht.
Es ist der Tänzer, den sie hat abblitzen lassen und noch während sich in ihrer beider Augen erst Erschrecken, dann Erstaunen und schließlich ein amüsiertes Lächeln abzeichnet, setzt sich der Bus in Bewegung.

© Renate Sturzenegger

Neue Aufgabe

HIMMLISCH
HIMMLISCH

Okay Leute, es ist eine Weile her, seit ich mich zu Wort gemeldet habe, aber wie schon erwähnt: Da wo ich bin, hat die Zeit andere Dimensionen und in einem Zeitraum, der euch lange erscheinen mag, hab ich mich vielleicht grad mal kurz geputzt. Aber gut, selbst intelligente Zweibeiner wie Stephen Hawking haben sehr unterschiedliche Schlüsse bezüglich der Zeit gezogen und ich erwarte nicht von euch, dass ihr da mithalten könnt.

Jedenfalls hab ich gemerkt, dass die Zweibeinin sich nach wie vor schwer tut mit Schreiben. Es liegt natürlich auf der Hand, dass der Grund dafür im frühzeitigen Ableben ihres unterschätzten Co-Autoren – Von MIR! – zu suchen ist, aber alas, vielleicht ist sie auch bloss zu faul. Oder zu beschäftigt. Oder was weiss ich. Um diesem unhaltbaren Zustand abzuhelfen, muss ich ihr wohl oder übel posthum mal wieder unter die Arme greifen; selber kriegt sie das ja nicht gebacken.

SIE denkt natürlich, es wäre ihre eigene Idee gewesen, ein paar Texte, die nicht ins Profil der Schreibschaukel passen, hier bei mir unterzubringen, selbstverständlich erst, nachdem ich als Chef dieser Seite sie redigiert habe. Was soll’s. Lasse ich sie in dem Glauben. Sie braucht nie zu erfahren, dass ich ihr letzte Nacht ins Ohr geschnurrt habe.
Ich tue das öfters. Denn auch, wenn ich hier im Katzenhimmel keine Bestätigung mehr nötig habe – ich weiss jetzt, dass ich einmalig war, bin und bleiben werde – vermisse ich sie ab und zu auch ein bisschen.

Das ist aber ein Geheimnis.
Ihr braucht es also nicht weiterzusagen.

Kurzweilige Ewigkeit

Fieldo im Katzenhimmel

Wie bitte? ICH hätte mir Zeit gelassen, bis ICH mich aus dem Jenseits melde und via worldpress publiziere? Da stellt sich natürlich die Frage, liebes Lesepublikum: Was ist Zeit? Ihr Menschen habt ja immer zu wenig davon, rennt ihr nach und trauert um vergangene oder – noch schlimmer – fiebert zukünftiger entgegen. Wo es doch immer nur der aktuelle Moment ist, der zählt und euch so die Ewigkeit spüren liesse, wenn ihr nur wolltet.
Was ist ein ewiger Moment verglichen mit einer Zeitspanne von nicht einmal einem Jahr?

Die Zweibeinin hat es auch noch nicht ganz erlickt. Anstatt dass sie dankbar ist SO EINE PERSÖLICHKEIT WIE MICH gekannt zu haben, grämt sie sich immer noch ab und zu und nimmt es MIR im Grunde übel, dass ICH sie so unplanmässig verlassen habe. Verständlich ist es ja, denn ICH bin natürlich ein herber Verlust. Dabei hat es ihr letztlich zum Guten gereicht. Ein Leben wird nicht besser, bloss weil es länger ist und meins war nahezu perfekt. Hätte ICH meine Zelte auf der Erde nicht abgebrochen, so hätte sie sich wohl nie auf den Weg gemacht. Sie ist ja nicht so abenteuerlich veranlagt, wie ICH es zu Lebezeiten war; stets muss man sie ein bisschen vorwärts schubsen. Nichts anderes habe ICH gemacht, auch wenn sie das natürlich wieder mal völlig falsch interpretiert. Aber gut – sie ist bloss ein Mensch und ihr habt im Gegensatz zu uns nur ein Leben. Glaubt ihr jedenfalls.

Jedenfalls ist es ganz amüsant, ihr von meinem Katzenhimmel aus nach wie vor über die Schulter zu schnurren und sie beim Schreiben und Zaudern zu beobachten. Auch wenn sie nur ab und zu irritiert aufguckt und dann aber glaubt, sich getäuscht zu haben. Unsere sieben Sinne habt ihr nun ja auch nicht, ihr Menschenkinder… ganz zu schweigen von MEINEM achten.

Heute zum Beispiel: Wenn mir nicht irgendwann die Pfote ausgerutscht wäre, würde sie immer noch überlegen, ob sie diesen Sprachaufenthalt jetzt buchen soll oder nicht. So lange, bis es zu spät und kein Platz mehr wäre. Sie denkt natürlich, das sei allein ihre Entscheidung gewesen, aber in Wahrheit habe ICH im Hintergrund die Fäden gezogen. Ganz nebenbei auch in meinem eigenen Interesse und um sie von anderem abzulenken. In letzter Zeit schäkert sie für meinen Geschmack nämlich ein bisschen zu oft mit den beiden Miezen vom unteren Stock herum und ich gebe zu: Da kitzelt mich die Eifersucht. Obwohl ich nunmehr über solch irdischen Gefühlen stehen sollte … aber wie gesagt:
Was ist schon eine Zeitspanne von nicht einmal einem Jahr?
Verglichen mit der Ewigkeit?

Falsche Adresse

Meine Besucherzahlen sind leider dürftig. Durchschnittlich zwei Klicks pro Tag habe ich zu verzeichnen. In Anbetracht der Tatsache, dass meine vierbeinigen Freunde in der Regel nicht online sind, ist das allerdings keine allzu schlechte Ausbeute, handelt es sich doch um reine Laufkundschaft. Und hier nun kommen auch die Suchbegriffe ins Spiel, wovon aber nur ein einziger zu ziehen scheint und das ist …nanu?!? – „Mottenlöcher“.

Da frage ich mich natürlich, wieso jemand, der nach Mottenlöchern sucht, gerade auf mich kommt. Wo ich doch ein so schönes, rotgestreiftes, flauschiges Fell habe. So schön ist es, dass sich auch die Zecken recht wohl darin zu fühlen scheinen. SIE sind es auch, die dafür verantwortlich sind, wenn es hie und da ein Loch in meiner Robe gibt – aktuell grad‘ über dem linken Auge, wo ich eins der Biester wegkratzen musste – und nicht die Motten.

Motten haben bei mir nichts zu suchen, damit das klar ist. Falls Sie Mottenlöcher suchen, liebe Leser, sind Sie hier also an der falschen Adresse!

Lesetipp

So’n Hundewetter!

Erst ist es tagelang so schweinekalt, dass mir fast die Pfoten abfrieren und ich muss wohl oder übel das verhasste Sandklo in Betrieb nehmen und dann, gerade als die Temperaturen wieder akzeptabel werden, beginnt es zu schneien. NASS zu schneien. Mannmannmann – wie ich den Winter hasse!

Da bleibt einem gar nix anderes übrig, als zu…

…lesen.

Wobei das mit der Literatur für Katzen ja nicht so einfach ist. Es wurde zwar viel über, aber wenig für uns geschrieben.

Empfehlen kann ich aber das Buch von Paul Gallico „Meine Freundin Jennie“, in dem der Autor doch einiges Einfühlungsvermögen beweist. Und um hier auch mal etwas Nettes über die Frau Schreibschaukel zu sagen: Den Tipp habe ich ursprünglich von ihr. Obwohl es ein wenig ermüdend ist, wie sie immer ins Schwärmen kommt, wenn ich das Buch zur Pfote nehme und mich dann gleich mit ihrer „gesuchtundgefunden“-Geschichte nervt, die ich bestimmt schon zehnmal zu hören bekam.

 

Aber gut – es schneit. Hier ist sie also. Exklusiv für die Leser MEINES Blogs nacherzählt.

Im zarten Alter von elf Jahren hatte sich die Zweibeinin einst ein Buch aus der Gemeindebibliothek gekrallt. Von aussen sah es eigentlich sehr langweilig aus; senfgelber Umschlag und schon etwas zerfleddert. Aber der Inhalt! Noch heute kriegt sie feuchte Augen, wenn sie mir erzählt, dass sie am Schluss geheult hat, weil sie fand, das Happyend sei gar keins! Was ich gut verstehe, nachdem ich die Geschichte jetzt auch kenne.

Noch Jahre später ging ihr die Geschichte nicht aus dem Kopf, aber weil sie sich nach so langer Zeit weder an den Titel noch an den Verfasser erinnern konnte, fand sie es nicht mehr (es war in deutscher Fassung dannzumal aber auch schon vergriffen).

Erst fünfzehn Jahre später, unterwegs in Amerika, stiess sie in einer Buchhandlung auf das lange gesuchte Buch, das sie schon nach den ersten paar Sätzen als DAS Buch erkannte, nunmehr in der Originalfassung. Und dabei war es doch von diesem bekannten Schriftsteller, der noch so viele andere entzückende Geschichten geschrieben hatte, unter anderem „The Snow Goose“.

Und was die Zweibeinin aber bis heute nicht gewusst hat, sondern nur dank MEINER Recherche darauf gestossen ist: Das gleichnamige Album „Snow Goose“ der Rockband „Camel“, das sie mit neunzehn oder so rauf und runter hörte und das immer noch irgendwo im Estrich steht, das wurde von dieser Geschichte inspiriert.


Weihnachts(sch)maus

Über Weihnachten wurde ja nun weiss Gott schon genug geschrieben, da muss ich nicht auch noch meinen Senf dazugeben. Überhaupt ist mir nicht ganz klar, warum die Zweibeiner immer so ein Tamtam deswegen machen. Ist ja nicht so, dass es plötzlich Mäuse regnen würde. Im Gegenteil, gerade um Weihnachten rum scheinen die eher Mangelware zu sein.

Immerhin – die Sache mit dem Baum finde ich voll okay. Von mir aus könnte er das ganze Jahr über stehen bleiben; das wäre punkto Innendesign ein ganz klarer Pluspunkt, möcht‘ ich mal sagen.

Vielleicht würden sich die Zweibeiner sogar mit der Zeit etwas beruhigen und nicht immer gleich die Nerven verlieren, wenn ich ein paar Kletterübungen mache. Ich meine …wieso stellen die mir einen Baum hin, wenn ich ihn nicht nutzen darf?! Die Zweibeiner mal wieder – man wird einfach nicht schlau aus ihnen.

Jedenfalls werde ich meinen Baum dieses Jahr mit Krallen und Zähnen verteidigen. Und zur Not vielleicht noch n‘ paar RICHTIGE Mäuse drunter legen…

Seltsame „Gspönli“

Es war eine weise Entscheidung, meinen eigenen Blog zu eröffnen. In meinem Heimatblog, wo ich (noch…!)als Co-Autor fungiere, macht man mir allmählich das Leben schwer, indem man sich beispielweise über mich lustig macht. Mich als Angsthasen hinstellt, der den Kopf unter dem Pullover der Zweibeinin versteckt, wenn er zum Tierarzt muss.

Pffff. Dabei.

Jeder, der auch nur ein bisschen was von Tierkommunikation versteht weiss, dass es sehr unhöflich ist, weil von aggressivem Verhalten zeugend, sich direkt in die Augen zu starren. Wie käme ich also dazu, der Tierärztin ins Angesicht zu sehen, wenn sie mit einer aufgezogenen Spritze auf mich zuhält? Will ich sie erschrecken? Erzürnen?! Nein – ich verhalte mich so unauffällig wie möglich, damit sie eine möglichst ruhige Hand hat und nicht mehrmals stechen muss. Kapiert? Ist alles eine Frage des gesunden Katzenverstandes, nicht anderes.

Sie verstehen unsereins eben nicht, die Zweibeiner, das merke ich immer wieder. Allerdings muss ich zugeben, dass auch ich selber mich nur allzu oft über meine Hausgenossen wundere.

Wieso klagt die Zweibeinin beispielsweise darüber, zu wenig Zeit zu haben und vertrödelt sie dann auf so unnütze Weise? Statt dass sie sich – wie ich es ihr doch jeden Tag vormache, denn mit dem guten Beispiel voranzugehen ist immer die beste Erziehung – in einer kuscheligen Ecke zusammenrollt, macht sie Stress. Wedelt mit dem Putzlappen herum. Erschreckt mich zu Tode, weil sie wieder dieses Ungeheuer mit dem langen dünnen Hals aus der Ecke holt, dessen Geheule meine empfindlichen Ohren malträtiert. Obwohl ich ja – ganz anders als dargestellt – ein wirklich unerschrockener Bursche bin – da kann ich einfach nicht anders, als mich schleunigst aus dem Staub zu machen. Nicht, dass ich noch mit ihm zusammen … du meine Güte!!! Jedenfalls ist es wirklich sehr dumm von der Zweibeinin, ihre offenbar so kostbare Zeit dermassen blöd zu verschwenden!

Aber wie die meisten ihrer Artgenossen verhält sie sich eben oft sehr, sehr unlogisch und wenn ich meinen „Gspönli“ in den vergangenen sechs Jahren auch schon einiges klarmachen konnte: Es liegt noch viel Arbeit vor mir.

Deshalb rolle ich mich jetzt erst mal zusammen. In einer kuscheligen Ecke.

Ein bisschen länger

 

Die Zweibeiner sind amüsant. Zwar bilden sie sich ein, sie seien unsereins intellektuell überlegen (dass sie es sonst nicht sind, sehen sie zumindest ein…) aber Pfote aufs Herz: Sie sind recht einfach gestrickt.

Ganz offensichtlich wird das am Abend, wenn sich die gesamte Truppe vor dem Fernseher versammelt. Wobei zu sagen ist, dass die Zweibeiner ja NIE so gut in der Lage sind, in die Ferne zu sehen wie wir Katzen; es handelt sich hier also um eine reine Ersatzhandlung zwecks Selbstüberlistung. Jedenfalls sitzen die Zweibeiner dann vor diesem doofen Kasten und gucken… und gucken … und gucken… und als ob das an sich nicht schon genügend peinlich wäre, machen sie sich auch noch lustig über mich. Ob ich denn nicht am Geschehen interessiert sei? Wieso ICH mich denn zur anderen Seite drehen würde? Welche die falsche sei, weil es dort gar nichts zu sehen gäbe?

Jaja, die Zweibeiner. Aber was soll’s; jeder muss seine eigenen Erfahrungen machen und dass das Fernsehprogramm heutzutage unter jeder Kanone und alles andere als sehenswert ist …also das, das werden die Zweibeiner auch noch merken. Irgendwann. Früher oder später (eher später vermutlich). Braucht halt alles ein bisschen länger bei denen!